Chronik erzählt aus 600 Jahren Bruderschaftsgeschichte in Giesenkirchen

„So Gott will, feiern wir im nächsten Jahr unser 600-jähriges Bestehen.“ Ralf Kremer, Brudermeister der St. Sebastianus Bruderschaft Giesenkirchen, sagt dies anlässlich der Vorstellung der Jubiläums-Chronik und vor allem im Angesicht der Corona-Pandemie, die die bislang geplante Feier am ersten Mai-Wochenende 2021 eher unwahrscheinlich werden lässt. Gefeiert aber wird: „Notfalls später im Jahr.“

600Jahre Giesenkirchen 500Nach altem Geschichtsmaterial“, so erklärt es das Archiv der Bruderschaft, „wurde die St. Sebastianus Bruderschaft Giesenkirchen im Jahre 1421 gegründet. Die Beweisführung erfolgt durch das Alter der Pfarrei und deren Bedeutung vor mehr als 575 Jahren.“ Gestärkt durch solche Argumente, beauftragte die Bruderschaft den Mönchengladbacher Historiker und Buchautor Christoph Nohn vor fünf Jahren mit der Erstellung ihrer Chronik.

Zeit ist bei einem solchen Werk ein wichtiger Faktor“, diese Feststellung traf dann auch Christoph Nohn bei der Vorstellung der Chronik, die er aus gutem Grund mit „Zwei Bruderschaften in Giesenkirchen“ betitelt hat. Vier Jahre, von 2015 bis 2019, hat es bis zur Fertigstellung seines Manuskriptes gedauert. Und dafür hat Christoph Nohn fleißig recherchiert und in Archiven geblättert, unterstützt von Heinz- Walter Lipke, Archivar der Pfarre St. Gereon, und Helmut Breuer, Ehrenbrudermeister der Bruderschaft. Allerdings ist das Ergebnis für die Bruderschaft nicht ganz so positiv, wie es sich die Verantwortlichen bei Auftragserteilung gedacht haben.

Für die Schützen-Bruderschaft kommt Nohn nämlich nicht auf das angenommenee Gründungsjahr 1421. Konkrete, belegbare Hinweise waren für ihn nicht auszumachen. Dafür aber reichen die Wurzeln der Bruderschaft „Unserer Lieben Frau“ in Giesenkirchen auf 600 Jahre zurück. Es bleibt der Trost für die Bruderschaftler, dass zwischen den beiden Gemeinschaften wohl eine Zusammenhang bestand. Darauf läst unter anderem die Tatsache schließen, dass Grundstücke, die nachweislich der Bruderschaft „Unserer lieben Frau“ gehörten, später im Eigentum der Sebastianus-Bruderschaft geführt wurden.. Dennoch klafft zwischen dem Ende der Aufzeichnung über die Liebfrauenbruderschaft, Ende des 16. Jahrhunderts, und demr ersten nachweislichen Erwähnung der St. Sebastianus Bruderschaft, 1652, eine Lücke von zirka 90 Jahren. Erst seit dem 17. Jahrhundert sprechen die Archive nur von den Sebastianern.


Mit ihren fast 280 Seiten gibt die wissenschaftlich, aber gut lesbare Ausarbeitung einen Einblick nicht nur in die Geschichte der Giesenkirchener Bruderschaften, sondern ebenso über die Entwicklungen der Jahrhunderte vor Ort. Bezirksbundesmeister Horst Thoren fasst es so zusammen: „Ob wir das Gründungsjjahr mit Brief und Siegel belegen können, ist nicht entscheidend. Wichtig ist, dass unsere Traditionen über die Jahrhunderte nachgewiesen sind.“ Allein das sei Anlass genug, ein großes Fest zu feiern und sich zu freuen.

Info

Die Chronik ist als Band 57 der Reihe „Beiträge zur Geschichte der Stadt Mönchengladbach“ erschienen und als solches der erste Band unter Federführung von Helge Kleifeld, dem neuen Leiter des Stadtarchivs. Es ist ab sofort im Handel und über die Bruderschaft zum Preis von 34,90 Euro zu beziehen. Gefördert wurde es auf Vermittlung von Bruderschaftsfreund Frank Boss durch den Landschaftsverband Rheinland.

Bundes-Horst erneut zum Bezirksbundesmeister gewählt

Zum achten Mal haben die 38 Schützenbruderschaften und Vereine Horst Thoren zum Bezirksbundesmeister für Mönchengladbach und Korschenbroich gewählt. Der 62jährige Korschenbroicher Schützenbruder (Spitzname Bundes-Horst) führt den Bezirksverband seit 1988. Er gehört darüber hinaus dem Präsidium des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften und als Vizepräsident der Führungsspitze der Europäischen Gemeinschaft Historischer Schützen an.
Thoren gilt als engagierter Fürsprecher für ein soziales, weltoffenes Heimatverständnis. Er hat die Anerkennung des Schützenwesens als nationales Kulturerbe mit auf den Weg gebracht. Seine Marketingaktionen (wie die Handpuppe Schützen-Willi oder der Schützen-Knigge) sollen fürs Brauchtum werben. Die von ihm herausgebrachten wissenschaftlichen Publikationen dokumentieren Geschichte und Bedeutung der heimischen Schützenbruderschaften.  

Schützenhilfe bei der Einheitsfeier Mönchengladbach in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 1990

Freude auf Deutschland im vereinten Europa

Mönchengladbach. War das ein Fest! Jung, laut, fröhlich – so feierte Mönchengladbach in den 3. Oktober 1990 hinein. Kaum zu glauben, wie dichtgedrängt die Menschen auf dem Kapuzinerplatz standen. So viele waren gekommen, dass schon um 22 Uhr das Bier knapp wurde. Kein Problem, gefeiert wurde auch ohne Alkohol. Die Stimmung war entscheidend. Wenn auch der eigentliche Festakt in Berlin über die Bühne ging, so war doch allen in Mönchengladbach bewusst: Wiedervereinigung findet auch bei uns statt. Die Rheinische Post berichtete am nächsten Morgen: „Mehr als 40.000 Menschen überfüllten die Oberstadt, sangen, tanzten und lagen einander um Mitternacht im Schein des Feuerwerks in den Armen.“

Mönchengladbach schenkte sich zur Einheit ein Riesen-Fest. Dabei hatte der städtische Haushalt die Wiedervereinigung nicht auf dem Plan. Wie auch. Zwischen dem Mauerfall am 9. November 1989 und dem Tag des förmliche  Zusamennschlusses von Ost und West lagen nicht einmal zwölf Monate. Weil aber deshallb für das unerwartete Ereignis nichts im Stadtsäckel zurückgelegt war, drohte in Mönchengladbach ein freud- und festloser 3. Oktober.  Dass es anders kam, ist den Schützen zu verdanken. Sie übernahmen auf Bitten der zuständigen städtischen Amtes kurzerhand die förmliche Ausrichtung des Freudentages, bekamen Geld von Sponsoren und durften um Mitternacht Flagge zeigen.

Das war ein Auftritt mit Hindernissen. Die junge Band „Young People“ und das altersgerecht aufgeheizte Publikum waren zunächst wenig begeistert, als der 90.1-Moderator am 2. Oktober 1990 eine halbe Stunde vor 0 Uhr um ein wenig Ruhe bittet. Die RP berichtet: „Die Bruderschaften der Stadt haben Mühe, ihre Abordnung zur Bühne zu bringen, wo der Zapfenstreich mit der Europahymne ´Freude schöner Götterfunken´ die letzten Minuten vor Mitternacht einleitet. Die Schützen tragen die Europaflagge.“ Doch die Zeremonie kommt an – als Zeichen für „ein friedliches und fröhliches Deutschland in einem vereinten Europa.“ So sagt es der damals 32jährige Bezirksbundesmeister Horst Thoren.

Als mit den Raketen des tosenden Feuerwerk viele guten Wünsche gegen Himmel steigen, gibt es kein Halten mehr. Etliche drängen nach vorne, um ihr persönliches Erinnerungsstück an die Geburtsstunde eines neuen, anderen Deutschlands zu ergattern.  Sie erklimmen die Fahnenmasten. Zunächst versucht die Polizei, sie daran zu hindern. Schließlich gibt sie sich der fröhlichen Menge geschlagen und lässt selbst die Fahnendiebe gewähren.

Das Riesenfest blieb friedlich, dauerte bis zum frühen Morgen und ließ den einen oder anderen den Heimweg mit Schwarz-rot-goldenen Umhang antreten. Was mit Zehntausenden begann, endete in kleinen Gruppen, die noch länger zusammenstanden oder saßen. Das war selbst im Polizei-Bully am zentralen Festplatz so. Da hatten drei Beamte weit nach Mitternacht Pizza bestellt. Und irgendwann fragte einer per Funk nach der Ablösung. Die Stimme aus der Wache klang erstaunt: „Wie Ablösung? Der Einsatz ist seit Stunden zu Ende.“

Einheitsfeier Europa Flagge 600

Die Gladbacher Schützen mit dem damals 32jährigen Bezirksbundesmeister Horst Thoren (rechts) trugen zur Einheitsfeier in der Nacht zum 3. Oktober 1990 die Europaflagge. Die RP zitiert Thoren am nächsten Morgen: „Wenn Deutschland nach 45 Jahren der Trennung in Freiheit zusammenwächst, freuen wir uns und hoffen, dass bald auch Europas Einheit vollendet wird.“

Einheitsfeier Versammlung 600

In der Nacht zum 3. Oktober 1990 auf dem Kapuzinerplatz. Vor der Bühne drängelten sich die Menschen. Auf der Bühne spielen die Young People aus Wesel-Brünen vor vor allem jungen Publikum, das die "Nacht der deutschen Einheit" feiert.
Fotos: Udo Dewies

Dankmesse für die Corona-Nothelfer am Gladbacher Münster

Die Dankmesse "statt Stadtschützenfest", zelebriert von Johannes van der Vorst, stellte den brüderlichen Dienst in Zeiten der Not in den Vordergrund. Ausgezeichnet wurden, stellvertretend für viele sozial engagierte Bruderschaftler, 14 "Corona-Nothelfer", die durch ihren Einsatz für Alte und Kranke, Familien und Bedürftige beispielhaft zeigen, was es heißt, dem Nächsten Bruder und Schwester zu sein.
Bezirksbundesmeister Horst Thoren sprach von den Nothelfern im Himmel und ihren Helfern auf Erden und betonte: "Sie leisten mit Zuversicht und Mut ihren Dienst." Hilfsbereitschaft und Solidarität seien das bruderschaftliche Gebot in der Corona-Krise. Zuversicht und Herzlichkeit stünden gegen die häßliche Fratze des Hasses.

SSF2020 CoronaHelfer red

Statt Stadtschützenfest: Mutmacher-Zeichen in Mönchengladbach

Bezirkspräses Johannes van der Vorst hatte die Losung ausgegeben: "Nur nicht traurig sein, gefeiert wird 2021!" Statt des Stadtschützenfest gab es in Mönchengladbach mit Dankmesse am Gladbacher Münster und Heimatabend an Schloss Rheydt zwei Mutmacher-Zeichen, die der Bruderrat um Bezirksbundesmeister Horst Thoren per Livestream übertragen ließ. Möglichst viele Brauchtmsfreunde sollten neben dem überschaubaren Kreis der zugelassenen Besucher (100 am Münster, 200 am Schloss) miterleben, wie das Brauchtum in Mönchengladbach der Corona-Krise trotzt.

Die Dankmesse, zelebriert von Johannes van der Vorst, stellte den brüderlichen Dienst in Zeiten der Not in den Vordergrund. Ausgezeichnet wurden, stellvertretend für viele sozial engagierte Bruderschaftler, 14 "Corona-Nothelfer", die durch ihren Einsatz für Alte und Kranke, Familien und Bedürftige beispielhaft zeigen, was es heißt, dem Nächsten Bruder und Schwester zu sein. Bezirksbundesmeister Horst Thoren sprach von den Nothelfern im Himmel und ihren Helfern auf Erden und betonte: "Sie leisten mit Zuversicht und Mut ihren Dienst." Hilfsbereitschaft und Solidarität seien das bruderschaftliche Gebot in der Corona-Krise. Zuversicht und Herzlichkeit stünden gegen die häßliche Fratze des Hasses. Signale der Hoffnung und Glaubensfreude vermittelten mit ihrer Musik Alphornbläser aus Korschenbroich und ein Bläserensemble, das Münsterkantor Klaus Paulsen zusammengestellt hatte und summend leitete.

Denn Singen war bei der Dankmesse nicht erlaubt. Das war am Rheydter Schloß anders. Dort erlebten an die 200 Brauchtumsfreunde einen Heimatabend besonderer Art. Das musikalische Schützentreffen, von Festival-Organisator Günter vom Dorp im Rahmen der Sommermusik arrangiert, bot trotz der Corona-Bestimmungen Möglichkeiten zur Begegnung.
Horst Thoren sagte bei der Begrüßung: "Wir halten anderthalb Meter Abstand, sind uns aber von Herzen nahe." Sein besonderes Mitgefühl galt den versammelten Majestäten: "Unsere Könige gehen in die Verlängerung, 2021 soll nachgeholt werden, was jetzt nicht möglich ist." Was Bezirkskönig Jens Schmidt, seinen Ministern Barbara Kremer und Michael Verbocket und allen Bruderschaftsmajestäten auf der Seele brennt, drückte am Ende eines stimmungsvollen Abends die gefeierte kölsche Kultband "de Boore" aus: "Sha la la - komm doch mal näher und hör gut zu ..."